Katholisch-Theologische Fakultät
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Wir sind Erde - Weltliches Oratorium inspiriert von der Umweltenzyklika „Laudato si‘“

Wir sind Erde

Weltliches Oratorium inspiriert von der Umweltenzyklika „Laudato si‘“
Komposition für 4 Solisten, Chor und Orchester

Zur Entstehung: Im Jahr 2015 veröffentlichte Papst Franziskus die Enzyklika „Laudato si‘“, in der er sich den drängenden Themen des Klimawandels, der Umweltverschmutzung und der sozialen Spaltung widmet. Der Text, der im intensiven Dialog mit den Umweltwissenschaften entstand, fordert eine „kulturelle Revolution“, um die mit der unkontrollierten Ausbeutung der planetaren Ressourcen verbundene Zerstörung unserer Zivilisation zu stoppen. Leitgedanke ist für Papst Franziskus, dass die Probleme nicht isoliert, sondern in ihrer komplexen Verflechtung behandelt werden müssen. Keine Form der Weisheit dürfe beiseitegelassen werden. Ein offener und lebendiger Dialog zwischen Religionen, Wissenschaften und Kulturen sei unerlässlich, um für die großen und drängenden Herausforderungen unserer Zeit Lösungen zu finden.
Inspiriert von diesem wegweisenden Statement hat die „Stiftung kulturelle Erneuerung“, die sich besonders für das Zusammenwirken von Wissenschaft, Kunst und Religion einsetzt, Markus Vogt, Professor für christliche Sozialethik an der LMU München und einer der führenden Umweltethiker, sowie den Komponisten und Dirigenten Gregor A. Mayrhofer beauftragt, ein groß angelegtes musikalisches Werk für Solisten, Chor und Orchester zu erstellen.

Zum Inhalt: Im Zentrum des Oratoriums steht die Begegnung unterschiedlicher Weltsichten, deren Notwendigkeit Papst Franziskus unter dem Stichwort „vereint in derselben Sorge“ anspricht. Diese unterschiedlichen Weltsichten spiegeln sich bereits in der Zusammenarbeit zwischen dem katholischen Theologen Markus Vogt und dem bekennenden Agnostiker Gregor A. Mayrhofer wider. Sie suchen gemeinsam eine Darbietungsform, die sowohl gläubige Menschen verschiedener Religionen als auch nicht religiöse oder ausschließlich wissenschaftlich orientierte Menschen anspricht. Aus diesem Zusammenwirken entwickelte sich ein Libretto (dramaturgisch begleitet von Juliane Hendes und Matthias Fuchs), das die großen Themenfelder der Umweltzerstörung und der sozialen Spaltung aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und in eine künstlerische Form bringt.

Der 1. Satz „Schrei der Schöpfung“ (nur Chor + Orchester) schildert die verschiedenen Umweltkatastrophen, die sich schleichend aus scheinbar kleinen Einzelphänomenen aufschaukeln und zu eskalierenden Massenphänomenen entwickeln. Jeder der Chorsänger singt zu Beginn nur einen einzelnen Ton, angelehnt an das zentrale Motiv des Tropfens, aus deren Summe eine riesige Klangflut entsteht. Die Bewegung der kleinen Tonschritte eines jeden Einzelnen münden in eine ständige, aber ziellose Steigerung: in einen „rasenden Stillstand“.

Im 2. Satz „Die menschliche Wurzel der Krise“ tritt aus dem Chor der erste Protagonist des Oratoriums heraus: ein „Skeptizist“ (Bass), der seine großen Zweifel an der Menschheit sowie deren Umgang mit den Krisen äußert und alles in Frage stellt.
Ihm folgen drei weitere Protagonisten die versuchen, ihn von ihrer Sicht und ihren Lösungsvorschlägen zu überzeugen: Ein „Dataist“ (hoher Tenor) äußert sich als materialistischer Wissenschaftler, der die Deutungshoheit des in quantitativen Daten fassbaren Wissens beansprucht und ganz auf technische Lösungen setzt.
Eine Humanistin (Sopran) wirbt für die großen moralischen Maximen der Menschlichkeit und ermahnt die Menschen aufgrund ihres Verstandes und ihrer Empathiefähigkeit sich ihre Verantwortung bewusst zu machen und danach moralisch zu handeln.
Eine Theistin (Alt) ist überzeugt von einem Sein jenseits des Messbaren und der Führung durch eine höhere Instanz. Sie beklagt den Mangel an Demut, Phantasie sowie sinnstiftender Erfüllung, den die Menschen vergeblich durch blinden Konsum oder Machtgier zu kompensieren versuchen.
Der Skeptizist bezweifelt, ob diese Haltungen in ihrer idealisierten Form die Menschheit wirklich vor der Krise retten können. Die Protagonisten stellen zusammen mit dem Chor die zentrale Frage, ob oder in welcher Form wir Menschen eine Verantwortung für den Zustand unserer Erde tragen. Ihr Fazit: Wir haben verdrängt, dass wir Teil der Natur sind und nur im Einklang mit ihren Gesetzen eine Zukunft haben. „Wir vergessen: Wir sind Erde.“

3. Satz „Die Schönheit der Schöpfung“: Konfrontiert mit dieser wohl unlösbaren gewaltigen Herausforderung klammern sich die Menschen umso mehr an ihre idealisierten Vorstellungen. Voll Hingabe preisen sie im Sonnengesang von Franz von Assisi die Schönheit der Schöpfung und bemerken nicht, dass die sich beschleunigende Katastrophe (der „rasende Stillstand“) im Hintergrund weiter wächst. Während die drei Protagonisten über ihre Maximen streiten (Dataist: Scientia potestas est – Wissen ist Macht; Humanistin: Quod tibi, hoc alteri – Verhalte Dich, wie Du es von anderen erwartest; Theistin: Laudato si‘ mi signore – Gelobt seist Du, mein Herr) zeigt der Skeptizist deren vermeintliche Wirkungslosigkeit auf.
Angesichts dieser Situation stellt sich die Frage, was unsere Worte und Vorstellungen wert sind und wer wir Menschen eigentlich sind. Auf dem Höhepunkt des Werkes sollen die Zuhörer aber nicht mit Schuldvorwürfen oder moralischen Imperativen überhäuft werden, vielmehr soll ihnen in einer langen Stille Raum gegeben werden für einen klaren und unpathetischen Blick auf sich selbst im Gefüge dieser großen Herausforderungen.

4. Satz: „Ein neuer Bund zwischen Menschheit und Erde“: Der Schluss bietet keine finale Lösung im Sinne eines Happy Ends oder einer fatalistischen Unausweichlichkeit an, sondern lenkt den Blick auf eine verhalten hoffnungsvolle Zukunftsvision, die uns gleichermaßen Ermutigung und Verantwortung zuspricht. Das Oratorium verdeutlicht, dass eindimensionale Betrachtungen in Sackgassen führen. Nur der Dialog und das Zusammenwirken verschiedener Weltsichten können nachhaltige Veränderungen bewirken. Im Zentrum steht zudem die Erkenntnis, dass die äußeren Katastrophen unserer Welt ein Widerschein der inneren Katastrophen unseres „Menschseins“ sind. „Wir haben vergessen, dass wir Erde sind“ formuliert die Enzyklika. Da wir Menschen mit unseren Verhaltensmustern, Hoffnungen und Ängsten Ursprung der globalen Probleme sind, müssen wir durch Umkehr, Empathie und Kreativität auch gleichzeitig die Lösung sein.

Rahmen und Besetzung: Das Werk dauert ca. 80 Minuten und geht von folgender Besetzung aus:
4 Solisten (SATB); Chor (SATB min. 8 pro Stimmgruppe = insg. min. 32 SängerInnen);
Orchester (3/3/3/3, 4/3/3/1, 2 Perk., Pk, Hrf., Cel. Str: 14/12/10/8/6)

Uraufführung: Die Uraufführung wird am 13. November 2022 in der Berliner Philharmonie mit dem Orchester des Wandels bestehend aus Musikern und Musikerinnen der Staatskapelle Berlin unter der Leitung von Gregor A. Mayrhofer stattfinden. Die Kartenerlöse fließen in Umweltprojekte der Berliner Staatskapelle.

Film: Das Projekt wird filmisch von Max Kronawitter begleitet, der die Hintergründe und den Entstehungsprozess des Oratoriums beleuchtet. In unterschiedlich langen Formaten kann der Film sowohl als Werbung für die Aufführungen als auch als Erläuterung über die Entstehungsgeschichte dienen, wodurch das ganze Projekt eine große Reichweite und Wirkung entfalten kann, um viele Menschen im Spannungsfeld von Wissenschaft, Kunst und Religion für einen Kulturwandel zu öffnen.