Katholisch-Theologische Fakultät
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Was ist Pastoraltheologie?

Auf diese Frage werden viele Antworten gegeben. Hier wird ein Definitionsversuch vorgelegt, der möglichst genau über seine verwendeten Begriffe Rechenschaft gibt.

Pastoraltheologie ist die theologische Disziplin, die das pastorale Handeln als Gegenstand möglicher Entscheidungen wissenschaftlich untersucht.

Begriffe [1]

Nominal stellt „Pastoraltheologie“ die Eindeutschung von „theologia pastoralis“ dar. Dabei bezeichnet das Adjektiv (ähnlich wie „ - moralis, dogmatica, spiritualis“ usw.) die einzelne Disziplin innerhalb der gesamten Theologie, also die „differentia specifica“. Danach untersucht  sie das Handeln der „pastores“, der Hirten der Kirche, also der Amtsträger. - Tatsächlich war die Pastoraltheologie ursprünglich allein auf das Handeln der „pastores“, der Hirten der Kirche bzw. der Amtsträger, bezogen. Heute erkennt man ihren Inhalt dagegen im gesamten Heilshandeln der Kirche.

Bei der Verwendung dieser Bezeichnung sind zwei Abweichungen zu beachten: 1. In der englischsprachigen Literatur wird „pastoral theology“ oft synonym zur Pastoralpsychologie oder allgemeiner zur Einzelseelsorge (früher „Hodegetik“) verwendet. Dahinter steht die Vorstellung vom dreifachen Amt Christi, des Priesters, Propheten/Lehrers und des Hirten/Königs. Nur das dritte Amt Christi wäre demnach das des Hirten, des „pastor“. Insofern es hier um die Sorge um die Gläubigen in ihren Lebens- und Glaubenswegen geht, ist verständlich, dass „pastoral theology“ hier nur von der Einzelseelsorge handelt.

In der evangelischen Theologie hat sich der Ausdruck „praktische Theologie“ als Bezeichnung des Fachs eingebürgert. „Pastoraltheologie“, wenn überhaupt noch gebraucht, meint dann den Teil von ihr, der sich mit der Amtsführung von Pfarrern im näheren Sinn beschäftigt. - Gerne wird heute auch im katholischen Sprachgebrauch von „praktischer Theologie“ als Bezeichnung für unser Fach gesprochen. Dies möchte ich allerdings vermeiden, weil dadurch eine Äquivokation mit der weiteren praktisch-theologischen Fächergruppe möglich wird.

Real ist die Pastoraltheologie die Beschäftigung mit dem pastoralen Handeln der Kirche mit den Mitteln wissenschaftlicher Theologie. Sie gliedert sich in Fundamentalpastoral und spezielle Pastoral, je nachdem ob als Materialobjekt das Gesamt der Pastoral oder ein Teilgebiet (meist entsprechend zum dreifachen Amt) gesetzt wird.  Das Formalobjekt ist dabei jeweils das pastorale Handeln als Gegenstand möglicher Entscheidungen[1], d.h. hier die allgemeinen Prinzipien des pastoralen Handelns vor ihrer Besonderung nach Einzelbereichen der Pastoral mit dem Ziel einer Darstellung der Pastoral in ihrer Gesamtheit durch ein wissenschaftliches System..

Kirche (von „kyriake“, „die zum Herrn gehörige“) ist das von Jesus Christus im Heiligen Geist als Zeichen und Werkzeug des Heiles gestiftete sichtbare und von Regeln geleitete Gesamt der Getauften, das in der katholischen Kirche subsistiert und auf das andere Kirchen und Gemeinschaften in verschiedener Weise hingeordnet sind.

Pastorales Handeln ist dasjenige menschliche Handeln, das im Namen und im Auftrag der Kirche zur Verwirklichung ihrer Heilssendung geschieht.

Entscheidungen sind diejenigen individuellen oder kollektiven Willensakte, die aus mehreren Handlungsmöglichkeiten eine zur Erreichung eines Ziels auswählen.

NB: Entscheidungen („electio“, proai,rhsij) werden hier also als Akte der praktischen Vernunft, nicht des Willens, verstanden, d. h. dianoetisch, nicht ethisch. Die ihnen entsprechende Tugend ist deshalb die Klugheit, nicht die Tapferkeit. Sie betreffen nach der Erkenntnis des rechten Ziels (finis) die Wirklichkeit, insofern sie sich auf dieses Ziel hin geordnet dem eigenen Handeln darbietet.

„Als Entscheidung bezeichnet man die Auswahl von einer von zwei oder mehreren Handlungsmöglichkeiten (Alternativen), die dem Entscheidungsträger zur Realisierung eines Ziels zur Verfügung stehen. Eine Entscheidung liegt sowohl bei einer bewußten als auch bei einer unbewußten Auswahl einer von mehreren Handlungsmöglichkeiten vor.“[2]

Wissenschaftlich meint im Rahmen der Theologie den „intellectus fidei“, d.h. die Darle­gung, Durchdringung und Begründung des Glaubens der Kirche mit Hilfe der Vernunft und mit dem Ziel einer wissenschaftlichen Form, d.h. argumentativ und mit dem Ziel eines logisch schlüssigen Systems.

Insgesamt ist nach dieser Definition das pastorale Handeln ein Wirken aus der an den Heilsauftrag gebundenen Freiheit. Pastoraltheologie meint somit

  1. nicht nur das auszuführen, was bereits entschieden ist,
  2. nicht nur Gewohnheiten fortzusetzen,
  3. nicht nur Canones in die Praxis umzusetzen,
  4. nicht in begrenzter Souveränität zu machen, was einem beliebt.

Andreas Wollbold

Wie gliedert sich Pastoraltheologie in einzelne Vorlesungen am Lehrstuhl?

  • Fundamentalpastoral
  • Spezielle Pastoral
    • Gemeindepastoral
    • Sakramentenpastoral
    • Einzelseelsorge
    • Person und Lebensstil von Seelsorgern
    • Homiletik
    • Spiritualität

[1]Zur Unterscheidung von Material- und Formalobjekt vgl. Aristoteles, Analytica posterior 42,5; 44,2.

[2]Vgl. Günter Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. 18., überarbeitete und erweiterte Auflage. Unter Mitarbeit von Ulrich Döring, München 1993, 156.